Prometheus. (Gr. M.), Sohn des Titanen Japetus und der Oceanide Clymene, voll Weisheit, Kunst und Stärke, Freund und Gefährte der Götter, welche ihn wegen seiner hohen Geistesgaben sehr liebten, denen er sich jedoch (und besonders dem Jupiter) verhasst machte, indem er an ihrer Allwissenheit zweifelte. Um diese zu prüfen, hatte er einst bei einem Opfermahl einen jungen Stier zerlegt, und eine Menge Knochen und Sehnen, mit Fett und Fleisch umhüllt, unter den andern gewöhnlichen Stücken dem Jupiter zur Wahl geboten; dieser hätte, wie der schlaue Erdensohn vermuthete, sich durch den Schein blenden lassen, und, zum Gelächter der Andern, die Knochen statt des Fleisches gewählt. Dieses vergass ihm Jupiter nicht; und als nun P. Menschen bildete, Minerva selbst ihm eine Nectarschale brachte, welche ihn und seine Geschöpfe begeistern sollte, und P. das Feuer vom Himmel entwandte, um seine Geschöpfe zu beseelen, da beschloss Jupiter seinen Untergang. Er ward durch Vulcan an den Caucasus geschmiedet, und musste es dulden, dass der Adler Jupiters täglich zu ihm herniederschwebte und ihm die Leber abfrass, welche ihm während der Nacht stets wieder wuchs. Lange ertrug er diese Marter, denn er wusste, es würde ein Sterblicher ihn dereinst befreien; diess geschah durch Hercules, der den Adler erschoss. Nach Andern befreite ihn Chiron, der, von dem Pfeilschuss des Hercules gequält, sich den Tod wünschte, welcher ihn, den Unsterblichen, nicht erreichen konnte, wodurch sich ein Orakelspruch erfüllte, nach dem P. frei sein sollte, sobald ein Unsterblicher sein Leben für ihn dahin geben wolle. Ein dritte Sage lässt Jupiter selbst den grössten der Titanen befreien; dieser weissagte nämlich, dass dem Schoosse der Thetis sich ein Sohn entwinden würde, der grösser sein würde, als sein Vater, und für diese Weissagung entledigte Jupiter, der im Begriff stand, zu Thetis zu gehen, ihn nach dreissigjähriger Qual seiner Strafe. P. war mit Asia vermählt, und ward Vater des Deucalion. – P., wie er einen Menschen bildet, zeigt unser Bild. Minerva setzt seinem Geschöpf einen Schmetterling, das Symbol der Seele, auf den Kopf, hinter ihr eine Schlange, als Symbol der Klugheit.

Wilhelm Vollmer: Wörterbuch der Mythologie. Stuttgart 1874, S. 390.

Scholastik, freudianische Erkenntnisse, Marx’sche Beobachtungen, existenzialistische Verzweiflung zerrissen beinah seinen Körper und seine Seele wie die gefiederte Schicksalsbestie die Leber des Prometheus, er war voller fußzappelnder Ungeduld und schwindelerregender Angst, es könnte zu spät sein – für die Niederschrift seiner Erinnerungen, seines Gottesporträts, seiner Geschichtsbeschauung, des Summa summarum seiner Natur- und Seelenforschung. Und gerade als diese ihm so lieben Themen in einem wechselhaften Verhältnis von Fragen und Antworten in ihm eine endgültige Reife erreichten, verbot man ihm das Schreiben.

Miklós Szentkuthy
Apropos Casanova

Ich fühle tief in meinem Herzen, wie die Jünglinge jetzt dastehen, da sich die Zeiten trennen und die Philosophie mit der Reflexion alle Töpfe des Prometheus zerschlägt; traurig sehn sie ihr kindisches Bilden zertrümmert, und vergehen in weinerlichem Enthusiasmus. Gerne möchten sie das Feuer vom Himmel stehlen, und fürchten, daß der schreckliche Gott sie an den Felsen schmiede, des Geiers ewige Nahrung. –

Clemens Brentano
Godwi

»Frage lieber, wer ist der neue Prometheus? Denn die Nachkommen des alten verfolgten Revolutionärs sind im Laufe der Zeit legitime Philister geworden, gute Bürger, die des Nachtwächters Ruf gehorchen: Bewahrt das Feuer und das Licht. Schaff’ Dir neue Menschen. Mit den alten ist nichts anzufangen.«

Willibald Alexis
Ruhe ist erste Bürgerpflicht